Aerocurve, Lamson
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14.September 2008
Es war ein Sonntag und es sah nicht so aus, als ob dieser Tag, abgesehen von schönem Wetter, etwas Besonderes mit sich bringen würde. So gegen zehn bemerkte ich, dass Wind eingesetzt hatte und nahm mir vor, noch etwas fliegen zu gegen. Gegen elf frischte der Wind auf, irgend etwas in mir begann unruhig zu werden, obwohl mein Fluggebiet unmittelbar vor der Haustür liegt und ich mich nicht zu beeilen brauchte. Klar war, dass die Verhältnisse für einen meiner grossen Drachen geeignet waren, aber welchen? Plötzlich wurde ich wirklich nervös und wusste auch weshalb. So rief ich Uwe an, ob er Zeit hätte, sich auf etwas Besonderes einzulassen. Wir verabredeten uns auf 14.00 Uhr in Frauenfeld auf der Allmend, einer grossen Wiese. Ob es wohl der richtige Tag für ein solches Unterfangen ist? Ist tatsächlich genügend Wind? Viele solcher Fragen beschäftigten mich auf der kurzen Fahrt. Uwe war bereits vor Ort und flog seinen Kuznetzow. Zusammen hoben wir meine Drachenbox vom Auto und begannen den Aerocurve aufzubauen. Der Wind hatte inzwischen wohl etwas nachgelassen und ich wurde immer skeptischer, ob es reichen würde, diesen Drachen endlich zu fliegen. Immerhin bringt er 18.2 Kg auf die Waage.
So weit wie bis dahin kam ich schon so viele Male. Zumal ich diesen Drachen bereits seit bald sechs Jahren fertig gestellt hatte. Es ist nicht so, dass ich ängstlich wäre, beim Drachenfliegen schon gar nicht. Aber es gibt niemanden, der mir seine Erfahrungen mit diesem Drachen weiter geben konnte. Werner Schmidt der zusammen mit Walter Diem das Buch Drachen mit Geschichte geschrieben hat, hatte seinen Drachen nur ein einziges Mal geflogen. Zu wissen das er fliegt reiche ihm, sagte er mir einmal und liess es bei diesem einen Flug bewenden. Falks Erfahrungen, waren geprägt von zwei Abstürzen in Folge, mit zerstörerischen Auswirkungen. Nun sind dies keine wirklichen Flugerfahrungen und sonst kenne ich niemanden der diesen Drachen nach dem Original gebaut hat.
Uwe meinte nun, komm, hoch dass Ding und alles Weitere werden wir schon sehen und recht hat er. Zuerst platzierte ich mein Auto auf der Wiese als Anker. Da wir aber eben nicht auf Fanö waren, reichte der Wind nicht aus, um den Drachen einfach hoch zu lassen. So befestigte ich die Leine am Spulengriff und stellte mich mit etwa 120 m Leinenlänge in Position. Uwe hob den Drachen hoch, was alleine nicht ganz einfach war. Straffe Leine, noch einmal den Wind prüfend, dann versuchte ich loszurennen, allerdings kam ich keine zehn Schritt weit. Der Drache erhob sich majestätisch in die Luft, der Zug auf der Leine war zu halten, es war einfach überwältigend. Kein gieren nach link und rechts, vielmehr stand der schönste aller Drachen, wie angenagelt am Himmel. Der Wind war gerade ausreichend, sobald er ein wenig nachliess begann der Aerocurve zu sinken, aber nur ein paar Schritte in Richtung Wind, hoben ihn wieder hoch. Der Flug war nur von kurzer Dauer, da der Wind nach zehn Minuten wider schwächer wurde. Langsam lies ich ihn absinken und gab kurz vor der Landung ein wenig Zug auf die Leine. Lamsen hätte seine Freude gehabt, hätte er diesem Flug einhundert Jahre nach ihm, beiwohnen können. Ein Draht, welcher den Rahmen diagonal verspannt ist gerissen, ansonsten blieb alles heil.
Männer fallen sich bei solchen Gelegenheit oft in die Arme, warum dass so ist, weiss ich eigentlich auch nicht? Vielleicht weil Worte nicht mehr reichen um auszudrücken was in einem abgeht.
Ein weiterer Flug verlief in identischer Weise, nachdem der Wind etwas aufgefrischt hatte. Pause… und wieder frischt der Wind auf, also flogen wir ihn gleich noch einmal. Doch jetzt bei etwas mehr Wind, machte der Aerocurve mächtig Zug auf der Leine. Immer weiter stieg er, ich versucht die Leine etwas zu entlasten, indem ich mich in Windrichtung bewegte. Nun stand er praktisch über mir und würde mich jeden Moment überfliegen, was mir ganz und gar nicht gefiel. Und bevor ich irgendwie reagieren konnte, drehte er in Windrichtung ab, ich versuchte wieder Zug auf die inzwischen weit durchhängende Leine zu bringen. So drehte der Drache sich vielleicht zwanzig Meter über dem Boden noch einmal in Windrichtung und ich konnte ihn gerade noch auffangen und landen, allerdings auf dem Rücken.
Grosse Diskussion mit Uwe: Wie ist ein solches Überfliegen zu verhindern, welches ist der wirksamste Weg. Was sicher etwas bringt, währe den Anleinpunkt nach vorne zu verlegen, darin waren wir uns einig. So setzte ich dies gleich um und versuchte einen weiteren Flug. Inzwischen hatte der Wind seine Richtung etwas geändert, was mir aber leider nicht gleich auffiel. So stieg der Drache dieses Mal nicht gerade auf, sondern wich um ca. 20 Grad nach liks. Das währe eigentlich kein Problem gewesen, da der Drachen nicht wegkippte, sondern in stabiler Lage seitlich abdriftete. Das Problem war, dass Uwes Spitzbogendrachen dort verankert war und genau den habe ich aufgeangelt. Alles korrigieren brachte nichts, So musste ich zusehen wie er, in der fremden Leine hängend abschmierte und mit voller Wucht in den Boden raste. Fazit ohne genau ins Detail zu gehen: eine Woche Arbeit.
Natürlich schmerzt diese letzte Erfahrung. Doch zu erleben, wie und dass dieser Drache fliegt, hebt den Frust des Unfalles vollends auf.
Klar ist, dass mein Drache nicht als Museumsstück enden wird. Ich werde ihn nach der Reparatur wieder fliegen, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bietet wird.
Charles Tacheron